Konflikt zwischen Urheberrecht und Schulgebrauch
Hinweise und Erläuterungen zur Rechtslage für Schüler, Lehrer und Schulen
Ein zeitgemäßer Schulunterricht kann nicht mehr allein mit den traditionellen Unterrichtsmaterialien, wie etwa Schulbüchern, den Schülern nähergebracht werden, sondern er ist auf moderne Kommunikationsmöglichkeiten und Technologien angewiesen. Nur durch den Einsatz von Faxgeräten, Kassettenrecordern, CD-Playern und Computern mit serienmäßig eingebauten CD-Brennern sind den Schülern Unterrichtsinhalte zu vermitteln, die dem 21. Jahrhundert angemessen sind.
Schulveranstaltungen, wie Schulfeste, Abschlußbälle, Tanzvorführungen und Schulkonzerte ohne die Verwendung von Musik, sei es live (Auftritt einer Band) oder durch Wiedergabe (Auflegen von CDs oder Musikkassetten), sind im Schulalltag nicht vorstellbar.
Urheber, insbesondere die Komponisten bei Werken der Musik und Autoren bei Werken der Literatur sowie die Leistungsschutzberechtigten, insbesondere die Plattenfirmen und die ausübenden Künstler wollen über die Nutzung ihrer Werke selbst entscheiden und natürlich für jede Nutzung eine Vergütung erhalten.
Schulen dagegen, als soziale Bildungsstätten und mit knappen öffentlichen Haushaltsmitteln ausgestattet, wollen soweit wie möglich Unterrichtsmaterialien umsonst verwenden, kopieren, aufführen oder vorführen und nicht jedesmal die Berechtigten um Erlaubnis fragen müssen.
Die Unsicherheiten der beteiligten Schulen, insbesondere auch die bei vielen Lehrern, wann Schulveranstaltungen aufgeführt und Unterrichtsmaterialien, insbesondere Noten und Bücher kopiert werden dürfen, könnten dann beseitigt werden, wenn ihnen die Rechtslage bekannt wäre.
Diese soll anhand von Werken der Musik bei Schulveranstaltungen hier näher dargestellt werden.
Zu klären ist, wann bei Schulfesten, Abschlußbällen, Schulkonzerten und bei sogenannten Vorspielabenden die jeweiligen Berechtigten der musikalischen Werke, folglich insbesondere die Urheber (Komponisten) und ausübenden Künstler (Musikinterpreten, Schallplattenfirmen) vor der Veranstaltung um Erlaubnis gefragt werden müssen und ob für die Nutzung der jeweiligen Musikwerke ein Entgelt zu bezahlen ist.
Bei jedem Live-Auftritt, bei jeder im Radio oder im Fernsehen ausgestrahlten Musik, bei jeder hergestellten CD oder Musikkassette, bei Hintergrundmusik in Einkaufshäusern oder Wartezimmern werden Werke der Musik verwendet, die die Urheber, nämlich die Komponisten „erfunden“ haben. Man spricht hier auch von geistigen Erfindungen im Gegensatz zu technischen Erfindungen. Letztere können als Patent angemeldet werden und jedem ist klar, daß über die Patente nur mit Zustimmung des Patentinhabers verfügt werden darf. Nichts anderes gilt letztlich auch bei den Urhebern.
Der Schutz der geistigen Erfindung des Urhebers, folglich auch des Komponisten kann nicht wie ein Patent durch Anmeldung geschützt werden. Schutz kann ein Urheber nur dadurch erreichen, indem er nachweist, seine „geistige Erfindung“ zeitlich vor dem gemacht zu haben, der sich auf diese geistige Erfindung als Urheber beruft.
Spielt eine Musikband bei einem Schulfest live und führt hier fremde Kompositionen auf oder werden CDs als Pausenfüller oder Hintergrundmusik aufgelegt, so ist dies grundsätzlich nur zulässig, wenn die jeweiligen Berechtigten ihre Zustimmung hierzu erklärt haben.
Wie das materielle Eigentum unterliegt auch das geistige Eigentum bestimmten Schranken, um dem Sozialstaatsgedanken gerecht zu werden. Der Eigentümer hat auch Rücksicht auf die Allgemeinheit und deren Interessen zu nehmen.
Der Gesetzgeber hat die Rechte der Urheber zugunsten des Schulgebrauchs teilweise eingeschränkt und zwar in der Weise, daß, je stärker die Interessen der Schulen sind, desto mehr die Rechte der Urheber eingeschränkt werden.
Zum Teil erlaubt das Gesetz bestimmte Nutzungen, ohne den Urheber um Erlaubnis fragen zu müssen; im Gegenzug muß aber ein Entgelt für diese Nutzung bezahlt werden. Ganz ausnahmsweise braucht nicht einmal ein Entgelt bezahlt zu werden.
Es wird danach unterschieden, ob es sich bei Schulfesten oder -konzerten, wenn Schallplatten oder Musikkassetten aufgelegt werden oder eine Musikband live auftritt, um eine öffentliche Veranstaltung handelt oder um eine private. Handelt es sich um eine öffentliche Schulveranstaltung, so kann die Veranstaltung erlaubnisfrei, aber vergütungspflichtig sein. Sie kann auch erlaubnis- und vergütungsfrei sein. Liegt eine reine private Schulveranstaltung vor, werden die Rechte des Urhebers nicht tangiert, es muß folglich keine Zustimmung eingeholt und keinerlei Entgelt bezahlt werden.
Eine Veranstaltung ist privat, wenn sie sich an einen bestimmt abgegrenzten Personenkreis richtet und diese Personen durch gegenseitige Beziehung untereinander oder durch Beziehung zum Veranstalter untereinander verbunden sind.
Findet eine Veranstaltung innerhalb der Schulklasse statt, richtet sich die Veranstaltung an Schüler und Lehrer, sodaß eine nicht öffentliche, sondern eine private Veranstaltung vorliegt. Rechte des Urhebers, folglich des Komponisten werden nicht tangiert, sodaß solche Veranstaltungen jederzeit zulässig sind.
Wird auf die Veranstaltung jedoch in Annoncen, Schülerzeitungen oder sonst aufmerksam gemacht und sollen z.B. auch Verwandte, Freunde oder Nachbarn eingeladen werden, liegt keine private, sondern eine öffentliche Veranstaltung vor, weil sich die Veranstaltung dann nicht mehr an einen bestimmt abgegrenzten Personenkreis richtet. Die Nutzung von Musikwerken auf der Veranstaltung müßte daher vorher durch den Berechtigten genehmigt werden.
Die Genehmigungspflicht einer öffentlichen Veranstaltung entfällt jedoch dann, wenn
- diese keinem Erwerbszweck des Veranstalters dient,
- die Teilnehmer ohne Entgelt (kein Eintritt, keine Verzehrbons, kein Garderobenentgelt usw.) zugelassen werden und
- bei einer Live-Aufführung die Musiker keinerlei Vergütung erhalten.
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Veranstaltung zwar erlaubnisfrei, es muß also die Genehmigung zur Nutzung der Musikwerke nicht vorweg eingeholt werden. An den Berechtigten ist jedoch eine Vergütung für die Nutzung seiner Musikwerke zu bezahlen.
Die Vergütung entfällt bei einer öffentlichen Schulveranstaltung neben der Genehmigungsfreiheit nur dann, wenn neben den vorgenannten drei Voraussetzungen zusätzlich die Schulveranstaltung nach ihrer sozialen und erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmt abgegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht wird.
Welche Schulveranstaltungen einer erzieherischen Zweckbestimmung dienen, ist zum Teil schwer zu beantworten. Die Voraussetzungen dürften nur vorliegen, wenn die gesamte Veranstaltung unmittelbar dem erzieherischen Zweck der betreffenden Schule dient und sie von der Schule oder den Schülern selbst im Rahmen der schulischen Aufgaben durchgeführt wird und im Ablauf des Schuljahres üblich ist. Schulfeste, Wohltätigkeitsveranstaltungen in Schulen usw. fallen nicht hierunter, da sie nicht jedenfalls nicht primär erzieherischen Zwecken, sondern der Unterhaltung bzw. der Selbstdarstellung der Schule dienen.
Wenn eine erlaubnispflichtige Veranstaltung vorliegt, müssen die Nutzungsberechtigten, folglich die Komponisten vor der Veranstaltung um Genehmigung der Veranstaltung gebeten werden. Da dies in der Praxis kaum realisiert werden kann, übertragen die jeweiligen Komponisten ihre Rechte der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte), indem sie Mitglied der GEMA werden. Zwischen der GEMA und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände wurde ein Pauschalvertrag abgeschlossen. In diesem wurden nähere Regelungen hinsichtlich der einzelnen Vergütungen, Nutzungsmöglichkeiten usw. geregelt. Die einzelnen Schulträger können diesem Rahmenvertrag beitreten.
Fazit: Werden bei Schulveranstaltungen musikalische Werke genutzt, so sind die Berechtigten vor der Nutzung um Erlaubnis zu fragen, es sei denn, es handelt sich um eine reine private Veranstaltung. An die Berechtigten ist für die Nutzung der musikalischen Werke eine Vergütung zu bezahlen. Die Vergütungspflicht entfällt nur ausnahmsweise, wenn die Schulveranstaltung nach ihrer sozialen und erzieherischen Zweckbestimmung einem bestimmt abgegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht wird, was im Regelfall die Ausnahme sein dürfte.