Urheberrecht

Künstlersozialkasse – Doppelte Erhebung der Künstlersozialabgabe

Selbständige Künstler und Publizisten sind – soweit sie nicht anderweitig sozialpflichtversi­chert sind – über die Künstlersozialkasse (KSK) sozialversichert. Sie erhalten von der KSK einen Zuschuss von 50 % zu den Beiträgen der Renten­, Kranken­ und Pflegeversicherung.

Der 50 %­ige Anteil der KSK setzt sich aus einem Bundeszuschuss einerseits und der sog. Künstlersozialabgabe (KSA) andererseits zusammen. KSA haben Unternehmen zu zahlen, die Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten vergeben und deren Leistungen und Werke verwerten.

Abgabepflichtig sind nicht nur typische Unternehmen der Kultur­ und Medienbranche, wie z.B. Verlage, Theater oder Konzertveranstalter, sondern können auch Unternehmen außerhalb dieser Branche sein, wenn Leistungen selbständiger Künstler oder Publizisten in Anspruch genommen werden.

So muss beispielsweise ein Unternehmen KSA an die KSK abführen für Zahlungen an den beauftragten Webdesigner für die Gestaltung der Homepage.

Nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz sind auch Unternehmen zur KSA verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden. Nicht hierunter fallen Musikvereine, soweit für sie Chorleiter oder Dirigenten regelmäßig tätig sind.

Solche Unternehmen können auch Orchester oder Bands in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sein, die regelmäßig für ihre Konzerte andere Musiker als freie Mitarbeiter engagieren. Es stellt sich dann die Frage, ob solche Bands oder Orchester Unternehmen sind, die nicht nur gelegentlich Aufträge an andere selbständige Künstler erteilen und die KSA zahlen müssen, obwohl der Veranstalter des Konzerts ebenfalls ein Unternehmen ist, welches zur Zahlung der KSA verpflichtet ist. Oder liegt hier eine unzulässige Doppelzahlungspflicht der KSA vor?

Bevor auf dieses Problem näher eingegangen wird, soll zunächst dargestellt werden, wie sich die KSA zusammensetzt und wie hoch die KSA ist. Die KSA beträgt einen bestimmten Prozentsatz für alle Zahlungen, die ein künstlersozialabgabepflichtiges Unternehmen im Laufe eines Jahres an selbständige Künstler oder Publizisten entrichtet. Der Abgabesatz ist jährlich variabel. Im Jahre 2007 hat der Abgabesatz 5,1 %, im Jahre 2008 4,9 % betragen und im Jahre 2009 beträgt der Abgabesatz 4,4 % von allen Zahlungen, die ein Unternehmen an selbständige Künstler bezahlt hat.

Ein konkretes Beispiel möge dies verdeutlichen:

Eine Band mit sechs Musikern hat einen Auftritt beim Veranstalter; vereinbart war eine Gage von 3.000 €. Die Band besteht aus drei Gesellschaftern und engagiert regelmäßig für ihre Auftritte drei selbständige Musiker als sog. freie Mitarbeiter. Der Veranstalter hat (im Jahre 2008) 4,9 % von der vereinbarten Gage, folglich 147 € an die KSK zu zahlen. Es stellt sich die Frage, ob die Band bzw. die GbR für ihre freien Mitarbeiter, die pro Auftritt beispielsweise 250 € erhalten, auch 4,9 % aus dem Gesamtbetrag von 750 € (3 × 250 €), folglich 29,25 € an die KSK zahlen muss. Hat die Band beispielsweise 40 Konzerte im Jahr, ergäbe dies eine KSA von 1.470 € (3 × 250 € × 40 = 30.000 €; hiervon 4,9 % = 1.470 €).

Die KSK kann aufgrund einer vom Bundesjustizministerium erlassenen Verordnung zur Bei­tragsüberwachung der KSA von den jeweiligen Unternehmen Auskünfte und Unterlagen ver­langen, um die Pflicht zur Zahlung der KSA prüfen zu können. Insbesondere hat die Deutsche Rentenversicherung seit Juni 2007 die gesetzliche Aufgabe, bei den Arbeitgebern bzw. Un­ternehmen die Zahlung der KSA zu prüfen.

Die Deutsche Rentenversicherung prüft für die KSK in letzter Zeit verstärkt von diesen Prüfungspflichten Gebrauch, indem sie einen sog. Erhebungsbogen zur Prüfung der Abgabepflicht und der Höhe der Abgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz u. a. auch Bands und Orchestern zuleitet.

Das Sozialgericht Köln hatte jüngst über einen auch in den öffentlichen Medien beachtenden Sachverhalt zu entscheiden, dem kurz skizziert folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Ein Bigband­Leiter wurde mit wechselnder Besetzung von der KSK als sog. Orchesterbetrei­ber zur Abgabe der KSA in Höhe von über 30.000 € ab 1999 in Anspruch genommen für die im Orchester als freie Mitarbeiter tätigen Musiker. Der Kläger wollte die KSA nicht bezah­len, mit dem Argument, dass seine Auftraggeber, die Veranstalter der Konzerte, bereits die KSA an die KSK bezahlt hätten. Bemessungsgrundlage der KSA seien die Entgelte für künstlerische Leistungen, folglich für das vom Veranstalter gezahlte Honorar, sodass die aus den Gagen für die als freie Mitarbeiter mitwirkenden selbständigen Musiker gezahlten Ent­gelte nicht nochmals Bemessungsgrundlage der KSA sein können. Es fände nur ein Auftritt der Band statt und damit keine unterschiedlichen Leistungen, die künstlersozialabgabepflichtig seien.

Das Sozialgericht Köln wies die Klage des Bigband­Leiter ab unter anderem mit der Begründung, dass der Kläger sog. Erstvermarkter sei und für die künstlerischen Leistungen der für die einzelnen Auftritte herangezogenen selbständigen Künstler Entgelte zahlt. Diese Entgelte stellen die Bemessungsgrundlage der KSA dar. Nur der auf seine eigene künstlerische Leistung entfallende Anteil des Auftrittshonorars einschließlich des erzielten Gewinns sei eine Selbstvermarktung und insoweit nicht abgabepflichtig. Der Kläger sei Erstvermarkter und könne sich nicht darauf berufen, dass der Veranstalter als sog. Zweitvermarkter die Abgabe bereits bezahlt habe. Auf die fehlende Abgabepflicht könne sich der Kläger nicht als sog. Erstvermarkter, sondern allenfalls der Veranstalter als weiterer Vermarkter berufen.

Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt. Wie das Berufungsgericht entscheiden wird, muss abgewartet werden. Ich befürchte jedoch, dass die Berufung keinen Erfolg haben wird.

Nicht uninteressant in diesem Zusammenhang sind bereits vom Bundessozialgericht ergan­gene Urteile, die ähnliche Sachverhalte betrafen. So wurde in einem Urteil vom 25.10.1995 festgestellt, dass der damalige Kläger, Inhaber eines Büros, der aus einem Musikerrepertoire von ca. 200 Musikern Bands für bestimmte Auftritte zusammenstellte und diese Musiker bezahlte, als Unternehmer künstlersozialabgabepflichtig ist, da er Aufträge an selbständige Künstler vergab und deren Leistungen verwertete. Daneben haben die Veranstalter der Kon­zerte an den Kläger die vereinbarte Gage bezahlt und die sich hieraus ermittelte KSA an die KSK abgeführt.

In einem sehr interessanten Urteil des Bundessozialgerichtes vom 10.10.2000, der der hier besprochenen Problematik sehr nahe kommt, musste Folgendes entschieden werden:

Der Kläger hatte in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die Wahrnehmung redaktioneller Aufgaben für Verlage, die Automobilzeitschriften herausgeben, übernommen. Einen Teil der für die einzelnen Zeitschriften vorgesehenen Textbeiträge hat die GbR an andere selbständige Autoren vergeben und diese entsprechend bezahlt. Die GbR wiederum erhielt von ihren Auftraggebern, den Verlagen, ein entsprechendes Pauschalhono­rar. überträgt man diesen Sachverhalt auf die Musikbranche, würde der Verlag dem Veran­stalter entsprechen, die GbR der Musikband und die selbständigen Autoren den freien Mitar­beitern in der Band.

Auch hier argumentierte die GbR, dass eine unzulässige Doppelbelastung vorläge, da bereits der Verlag die KSA zahle.

Das Bundessozialgericht gab der GbR nicht Recht. Die GbR sei ein Unternehmen, das nicht nur gelegentlich Aufträge an andere selbständige Künstler oder Publizisten erteile, da die GbR mit diesen Aufträgen auch Einnahmen erziele. Der Einwand des Klägers, nicht er, sondern der Verlag sei eigentlicher Vermarkter, sei unzutreffend. Der Kläger gibt die Texte nicht namens und in Vertretung des Verlages, sondern im eigenen Namen und auf eigene Rech­nung in Auftrag und zwar zu dem Zweck, ein eigenes publizistisches Gesamtwerk zu schaffen, zu dem er gegenüber dem Verlag vertraglich verpflichtet ist. Die Frage der doppelten Belastung wurde vom Gericht wie folgt beantwortet:

Die vom Kläger in den Vordergrund gestellte Frage nach der doppelten Belastung mit der Künstlersozialabgabe für dieselbe journalistische Leistung stellt sich demgemäß nicht bei der hier allein maßgebenden Feststellung der grundsätzlichen Abgabepflicht des Klägers, sondern erst dann, wenn es um die Feststellung und Bemessung der im Einzelfall zu zahlenden Abgaben geht. Die bisher ergangenen Abgabenbescheide sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob die Honorare, die der Kläger an die freien Autoren zahlt, in Anbetracht der vom Verlag auf die Pauschalhonorare des Klägers bereits geleisteten Künstlersozialabgaben noch der Abgabepflicht nach dem KSVG unterliegen können.

Das Bundessozialgericht hat letztlich entschieden, dass jemand, der als Künstler und zugleich als Verwerter künstlerischer Leistungen tätig geworden ist, als Verwerter die KSA zu zahlen habe.

überträgt man diese Rechtsprechung auf die Situation einer Band (GbR), die für ihre Auftritte auch selbständige Musiker als freie Mitarbeiter engagiert, kommt man nicht umhin, als davon auszugehen, dass die Band Leistungen selbständiger Musiker in Anspruch nimmt, diese verwertet und folglich künstlersozialabgabepflichtig ist, unabhängig davon, dass der Veranstalter des Konzerts wiederum die Band engagiert und hierfür ebenfalls künstlersozialabgabepflichtig ist. Es liegen zwei von einander zu trennende Inanspruchnahmen Leistungen selbständiger Künstler vor, die jeweils für sich die Zahlung der KSA auslösen.

Die doppelte KSA­Pflicht sagt nichts darüber aus, wieviel jeder Verwerter an die KSK zu zah­len hat. Wenn die Band als GbR nur aus gleichberechtigten Musikern (Gesellschaftern) be­steht, folglich keine freien Mitarbeiter zusätzlich für ihre Auftritte engagiert, liegt keine Inan­spruchnahme fremder Leistungen vor; eine KSA ist dann nicht zu bezahlen.

Das Bundessozialgericht hat – wie oben aufgeführt – unter anderem ausgeführt, dass der dortige Kläger die Texte nicht im Namen und in Vertretung des Verlages an seine freien Mitarbeiter in Auftrag gegeben hat, sondern im eigenen Namen. Eine Vermeidung der doppelten Zahlung der KSA könnte folglich darin gesehen werden, dass das von der GbR an die als freie Mitarbeiter mitwirkenden Musiker zu zahlende Entgelt nicht von der Gesamtgage seitens der GbR, sondern vom Veranstalter direkt an diese freien Mitarbeiter bezahlt wird. Die Band stellt dem Veranstalter ein um diesen Anteil gekürztes Honorar in Rechnung.

Im obigen Beispiel stellt die Band dem Veranstalter nicht 3.000 € in Rechnung (im ent­sprechenden Konzertvertrag dürfen dann natürlich auch nicht 3.000 € Gage vereinbart werden), sondern 2.250 € und der Veranstalter zahlt 750 € (3 × 250 € je freier Mit­arbeiter/Musiker) direkt an diese. Der Veranstalter zahlt insgesamt nicht mehr an die KSK (z.B. 4,9 % aus insgesamt 3.000 €) und die Band zahlt keine KSA, weil Bemessungs­grundlage für die KSA das an die selbständigen Künstler zu zahlende Entgelt ist und die Band kein Entgelt an die selbständigen Künstler zahlt.

Es sind dann entsprechende schriftliche vertragliche Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Beteiligten zu treffen.

Gleichzeitig könnten vertragliche Regeln zwischen den Beteiligten dergestalt vereinbart wer­den, dass die GbR für die in ihrer Band mitwirkenden Musiker namens und in Vertretung des Veranstalters handelt, sodass ebenfalls eine KSA­Pflicht der GbR umgangen werden könnte.

Größere Chancen erfolgreich gegen die doppelte KSA­Pflicht vorzugehen hätten meiner Meinung nach die Veranstalter, wenn sie gegen die einzelnen KSA­Bescheide vorgehen würden. Wenn die Veranstalter z.B. die vereinbarte Gage in Höhe von 3.000 € an die GbR zahlt, hierin ein Anteil von 750 € für die in der GbR als freie Mitarbeiter mitwirkende Künstler enthalten ist und für diesen Anteil bereits die GbR die KSA zahlt, so dürfte hier tat­sächlich aus Sicht des Veranstalters eine unzulässige Doppelzahlung der KSA vorliegen.
Die Gerichte, so das Sozialgericht Köln und auch das Bundessozialgericht hatten immer wieder in den ihnen zugrunde liegenden Fällen, wo einzelne GbRs gegen die doppelte Inanspruchnahme der KSA vorgegangen sind, betont, dass nicht die GbR als Erstvermarkter, sondern allenfalls die Veranstalter als Zweitvermarkter sich auf eine unzulässige doppelte Inanspruchnahme berufen könnten.